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Medikamenteneinnahme als Risiko beim Tauchen

29.03.2014

Vortrag auf dem 14. Bonner Tauchersymposium 2014

Tauchen ist ein Sport den Mann und Frau bei entsprechender Gesundheit ein Leben lang ausüben können. Mit zunehmendem Alter oder bei Tauchreisen ins Ausland steigt die Wahrscheinlichkeit, dass dauerhaft, akut oder zum Zweck der Prophylaxe Medikamente eingenommen werden. In der retrospektiven Fallbetrachtung von Tauchtauglichkeitsuntersuchungen nahmen in Deutschland 12,9% der Männer und 23% der Frauen regelmäßig Medikamente ein. Berücksichtigt man Kontrazeptiva bei Frauen, waren es 44,8% der Taucherinnen, die dauerhaft Medikamente einnehmen [5].
Die US Navy hat den einprägsamen Leitspruch „No Drugs In Diving“.
Die Maßstäbe für TEC-, Berufs- und Militärtaucher erfordern auf Grund intensiverer physischer und psychischer Anforderungen eine höhere durchschnittliche Gesundheit, als es für den Hobbytaucher erforderlich ist. Bestimmte Medikamente stellen nach den Bestimmungen der deutschsprachigen tauchmedizinischen Gesellschaften eine absolute Kontraindikation für den Tauchsport dar. Dazu gehören Psychopharmaka, Psychostimulanzien, sedierende Antihistaminika, Antiemetika und Alkohol. Für die Sicherheit des Tauchers sind Grundkenntnisse der am häufigsten eingenommenen Medikamente unbedingt erforderlich. So vermeidet er, bei einer akuten Erkrankung wie Schnupfen, Ohrenschmerzen oder einem Durchfall ungeeignete Medikamente einzunehmen.
Ich halte es für sinnvoll, Medikamente folgendermaßen einzuteilen:

Dauermedikation:
Medikamente, die dauerhaft eingenommen werden müssen, wie zum Beispiel Blutdrucksenker, Cholesterinsenker etc., werden vom Haus- oder Facharzt verordnet und sollten mit diesem im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem Tauchsport abgeklärt werden. Zusätzlich sollten diese Medikamente auch in Rahmen einer Tauchtauglichkeitsuntersuchung mit dem Taucharzt besprochen werden.
Untersuchungen des Divers Alert Network (DAN) zeigen, dass ein signifikanter Anteil tödlicher Tauchunfälle auf schon bestehende Erkrankungen und deren Komplikationen zurückzuführen ist.

Akutmedikation:
Damit sind Medikamente zusammengefasst, die kurzzeitig aus gegebenem Anlass genommen werden. Typische Erkrankungen sind Erkältungssymptome, Ohrenschmerzen, Durchfall oder allergische Reaktionen. Viele der verwendeten Medikamente sind rezeptfrei erhältlich, insbesondere im Ausland. Obwohl diese Medikamente dem Taucher oft seit langem bekannt sind, können sie trotzdem beim Tauchen relevante Nebenwirkungen verursachen. Dazu gehören Mittel wie Metoclopramid (MCP) bei Darmbeschwerden, Antihistaminika bei allergischen Reaktionen oder Rhinopront bei einer Erkältung. Die relevanten Nebenwirkungen umfassen Müdigkeit, Herzrhythmusstörungen, Bewusstseinseinschränkungen und verminderte Aufmerksamkeit. Geht ein Taucher trotz verminderter Leistungsfähigkeit ins Wasser, erhöht sich auch unabhängig von möglichen Nebenwirkungen das Risiko eines Tauchunfalls.
Einige Medikamente, besonders Antihistaminika, können bedenkenlos lokal als Creme oder Gel angewendet werden, auch wenn ihre systemische Einnahme in Tablettenform nicht anzuraten ist. Ein hilfreicher Warnhinweis im Beipackzettel von Medikamenten lautet:
„Das Führen von Maschinen und Fahrzeugen kann eingeschränkt sein“

Prophylaxe und Therapie auf Reisen:
Zu dieser Gruppe gehören vor allem Antibiotika und Medikamente zur Malaria- Prophylaxe. Neben den eigentlichen Nebenwirkungen dieser Medikamente sind außerdem unerwünschte Wechselwirkungen mit einer bestehenden Dauermedikation zu berücksichtigen. Sollten diese Medikamente auf Grund einer geplanten Reise notwendig sein, so empfiehlt sich dringend die Beratung durch einen Reisemediziner [3].

„Lifestyle“ Medikamente und soziale Drogen:
Unter diesem Begriff fasse ich Medikamente und Substanzen zusammen, die als Genussmittel, zur Leistungssteigerung oder zur Prophylaxe häufig eingenommen werden. Gängige Genussmittel/soziale Drogen sind Koffein, das bei Gewöhnung unbedenklich ist, und Tabak/Nikotin. Nikotin ist per se gesundheitsschädlich, jedoch erfahrungsgemäß mit dem Tauchen vereinbar. Generell und im Rahmen eines pulmonalen Infektes erhöhen Tabak/Nikotin das Risiko eines Barotraumas [2].
Weitere soziale Drogen sind Alkohol und Marihuana. Beide sind beim Tauchen absolut kontraindiziert.
Die Medikamente, auf die ich hier eingehen möchte, umfassen die Pille zur Kontrazeption sowie Sildenafil (Viagra) und vergleichbare Wirkstoffe. Orale Kontrazeptiva können prinzipiell das Risiko für Thrombose und Embolie erhöhen, gelten aber nach aktueller Studienlage als sicher.
Potenzsteigende Wirkstoffe wie Sildenafil und ähnliche Wirkstoffe sollten nicht kurzfristig vor einem Tauchgang eingenommen werden, da sie unter anderem zu Schwellungen der Nasenschleimhaut, zu Herzrasen, Kopfschmerzen und einer Sehstörung führen können [1,4].

Medikamente mitnehmen oder vor Ort kaufen?
Es empfiehlt sich zumindest ins außereuropäische Ausland Medikamente mitzunehmen und nicht vor Ort zu kaufen. Grund dafür ist die extrem hohe Rate an gefälschten Medikamenten [3], die keinen Wirkstoff, eine verminderte Menge des relevanten Wirkstoffs oder zusätzliche unerwünschte Substanzen enthalten. Bei einer Dauermedikation sollte auch beachtet werden, dass sie in ausreichender Menge und aufgeteilt zwischen Gepäck und Handgepäck transportiert wird, falls das Reisegepäck verzögert oder gar nicht ankommt.

Zusammenfassung:
Tauchen und die Einnahme von Medikamenten schließen sich nicht grundsätzlich aus. Entscheidend ist die gute Beratung durch den Haus-/Facharzt und bei Bedarf durch einen Tauch-/Reisemediziner. Der Taucher sollte sich außerdem selbst darüber im Klaren sein, welche Medikamente er einnimmt und diese vor einem Tauchgang „trocken“ getestet haben.
Im Zweifelsfall ist es meist sinnvoller, bei einer Erkrankung einmal eine Tauchpause einzulegen.

Literatur:
[1] Fachinformation der Roten Liste, www.rote-liste.de
[2] DAN Veröffentlichungen, Medical Info, www.diversalertnetwork.org
[3] CRM Ausbildungsunterlagen Reisemedizin, 2013, www.crm.de
[4] Dr. Stefan Hauser, 2012, Vortrag „Tauchen und Potenzmittel“,12. Bonner Tauchersymposium,
www.bonner-tauchsymposium.de
[5] Dr. Peter Etz, Einnahme von Medikamenten bei Sporttauchern – Ergebnisse einer katamnestischen Studie, Caisson, 2010, 25(2) 8-14
[6] Dr. Heike Gaterman, Tauchen und Medikamente, Caisson, 2009, 24(2) 29-31

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